Autofahren. Kräftig aufs Gaspedal treten und auch mal den Vorfahrenden beschimpfen, weil er zu langsam fährt. Für uns alle ist das ganz normal, fast schon eine lästige Pflichtübung. Für Sebastian Traugott ist es eine Ausnahme. Der junge Mann ist blind. Er darf ans Steuer und wird dabei durch die Augen von Fahrprofi Heimo Egger geleitet.
Der Motor des Jeeps röhrt auf. Die Vorderräder hängen kurz in der Luft. Der Geländewagen erklimmt einen zwei Meter hohen Erdhügel. Was beim Fahren vor sich geht, sieht nur Copilot Heimo Egger. Für den jungen Mann am Steuer sind die Seitenspiegel nur Beiwerk. Sebastian Traugott ist blind. Er lauscht konzentriert den Ansagen seines Beifahrers. „Du hast noch eine Handbreite bis zum Hindernis, ruhig etwas mehr Gas, links einschlagen. Perfekt. Geschafft.“ Heimo Eggers Stimme führt Sebastian Traugott durch den gesicherten Parcours.
Wie kommt man auf die Idee, blinde Jugendliche Auto fahren zu lassen?
Heimo Egger ist Skipper, Mitglied der „Mirno More Friedensflotte Salzburg“ und begeisterter Offroad-Fan. Bei einem Turn der Friedensflotte vor sechs Jahren war Egger an Bord eines Segelschiffes und wurde Zeuge, als Sebastian Traugott nur durch sein Gespür für Wind und seinem geschulten Gehör, das Segelschiff durch die Kornaten, eine Inselgruppe in der kroatischen Adria, navigierte.
„Ich war so beeindruckt, als Sebastian ganz allein das Schiff navigierte. Ich dachte mir, wenn blinde Kinder ganze Schiffe über das Meer leiten können, dann können sie auch Auto fahren."
Die Mirno More Friedensflotte ist das größte europäische Segelsozialprojekt. Durch das Zusammenleben an Bord bekommen blinde Kinder mehr Selbstvertrauen.
Heimo Egger hat seine Idee, blinde Jugendliche autofahren zu lassen, mit dem Vorsitzenden von „Mirno More Salzburg“, Ingo Ingram, besprochen. Der war sofort begeistert. Ebenso wie Heinrich Albert, der Obmann des Offroad Clubs „4x4 Salzburg“. Seit der Geburt der Idee treffen sich Mitglieder beider Vereine einmal im Jahr an einem ganz besonderen Tag. In einem gesicherten Areal können blinde Kinder und Jugendliche Offroad-Luft schnuppern. Die geübten Fahrer von 4x4 Salzburg treten ihren Platz hinter dem Lenkrad ab und setzen sich auf den Beifahrersitz. Nur mit ihrer Stimme führen sie ihre Schützlinge an Hindernissen vorbei.
„Beinahe jeder fährt Auto. Viele sind in Auto-Clubs. Für mich ist es kein Aufwand, blinde Menschen mit meinem Wagen fahren zu lassen. Für sie bedeutet es aber die Welt“, sagt Heimo Egger.
Fotos: mytribephoto (9)
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