Mit Herzblut für den Torf

Der Bürmooser Torferneuerungsverein hat sich zum Ziel gesetzt, ein Stück Natur in der Gemeinde wiederherzustellen, das von Menschenhand stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Aufgaben sind vielfältig, nur mit der Hilfe vieler Freiwilliger lässt sich dieses Ziel erreichen. Ein Lokalaugenschein.

Eigentlich kündigt sich gerade ein Gewitter rund um die Gegend des salzburgischen Bürmoos an. Doch Reinhard Kaiser klärt mit einer Gruppe Naturinteressierter gelassen die Frage um das Du-Wort, auf das man sich schnell einigt. Er ist Obmann des Torferneuerungsvereins von Bürmoos und seit über 25 Jahren ehrenamtliches Mitglied. Er kennt den Torf, die Geschichte, die Natur und mittlerweile auch das Wetter. Unbekümmert kehrt er den dunklen Wolken den Rücken zu und beginnt seine Führung durch das Areal des Torfvereins. Immer wieder witzelt er und betont bewusst das harte “T” im Vereinsnamen, “Weil wir ja nun mal kein Dorfverein sind”, sagt Kaiser.

 

Der 67-Jährige und die mehr als 600 Männer, Frauen und Kinder des Vereins haben sich ein Ziel gesteckt: Sie wollen das über Jahrtausende entstandene Torfgebiet rund um Bürmoos wiederherstellen - ehrenamtlich. Und sie haben einiges zu tun. Über neunzig Jahre wurde hier für die Glasindustrie in großen Mengen Torf gestochen. Rücksichtslos wurde mit Gräben das Gebiet entwässert, gerodet und Torf abgebaut. In vielen Arbeitsstunden und mit Liebe zur Natur haben die Mitglieder schon einiges erreicht. So konnten sie beispielsweise das beinahe verschwundene Torfmoos auf größeren Gebieten wieder ansiedeln. Es gelang ihnen auch, den seltenen, insektenfressenden Sonnentau oder die Zwergbirke wieder ansässig zu machen.

Foto: Lisi Niesner

Torf ist ein organisches Sediment, das aus modernden Pflanzen entsteht. Bei den Pflanzen handelt es sich dabei um das sogenannte Torfmoos. Dieses benötigt für das Wachstum einen sehr nassen Untergrund. In Bürmoos entstand dieses Moor in einer riesigen Senke, deren Untergrund Lehm ist. Dieser Lehm hinderte das vor tausenden von Jahren von den umliegenden Gletschern geschmolzene Eis am Versiegen. Mit der Zeit begann der entstandene See mit verschiedensten Pflanzen zuzuwachsen. So entstand ein idealer Nährboden für das Torfmoos. Seit tausenden Jahren wuchsen immer neue Schichten und ließen die alten nach unten sinken. Im Laufe der Zeit entstand dann durch Zersetzungsprozesse der Torf. Qualitativ guter Torf erreicht einen höheren Brennwert als Braunkohle.

46 Prozent der österreichischen Bevölkerung leisten formelle oder informelle Freiwilligenarbeit. Hier unterscheidet man zwischen den tatsächlich zählbaren Mitgliedschaften in Vereinen und Organisationen und den weitreichenden Tätigkeiten im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe oder ähnlichem. In Österreich gibt es mehr als 120.000 Vereine. In den letzten fünfzig Jahren hat sich diese Zahl verdreifacht. 2,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher sind in solchen Organisationen tätig. Wenn auch die Ziele unterschiedlich sind, haben die Vereine eines gemeinsam: Alle sind auf freiwillige Mitarbeiter und deren Engagement angewiesen. Und diese Freiwilligkeit bedeutet, auf Freizeit zu verzichten. Doch immer mehr Menschen sind bereit, diese Zeit aufzubringen, um anderen zu helfen.

Reinhard Kaiser imitiert den Kuckuck täuschend echt.

“Der Kuckuck ist bei uns von April bis Juni zu Gast”, sagt Reinhard Kaiser. Doch jetzt haben wir bereits Ende Juni. Er formt die Hände zu einer Kugel, bläst hinein und wie von Zauberhand erklingt täuschend echt der Ruf eines Kuckucks. Ein paar Schritte weiter lässt eine kleine Schneise im Schilf einen schmalen Blick auf den wiederbelebten See zu. Libellen schwirren durch die dunstige Luft, Wasserläufer tummeln sich auf der Oberfläche und Gelsen holen sich ihre Ration Blut. “Nur die Weibchen - die Männchen stechen nicht”, weiß der Obmann. Und so geht die Tour weiter. An vielen, für den Laien unscheinbaren Plätzen, weiß der Naturliebhaber eindrucksvolle Vorgänge zu erzählen. Eben macht die Gruppe wieder Halt vor einem Haufen vertrockneten Schilfs. Die Gäste vermuten natürlich schon einen nicht entdeckten Grund dafür, finden jedoch keine Antwort. “Die Ringelnatter”, so der Obmann, “findet hier im wärmespeichernden Inneren des Haufens optimale Brutbedingungen für ihre Eier.”

Kein Nachwuchsmangel bei den Blaulichtorganisationen

Foto: Lisi Niesner

Auch bei den Blaulichtorganisationen ist das Engagement der Freiwilligen ungebrochen. Robert Schickbauer (links im Bild) ist für die Rekrutierung beim österreichischen Samariterbund in Salzburg zuständig. Er sieht dem künftigen Personalbedarf optimistisch entgegen. “Wir haben ausreichend Nachwuchs. Wir werben schon auch auf Messen und ähnlichen Veranstaltungen, um die Möglichkeiten bei uns aufzuzeigen, aber der tatsächliche Zugang erfolgt meist durch Mundpropaganda oder direkter Kontaktaufnahme. Wir wissen aber auch, dass 62 Prozent der Bürgerinnen und Bürger noch nie persönlich angesprochen wurden. Wir haben also noch Luft nach oben.” Allerdings erkennt er auch einen Trend, der bereits aus dem Berufsleben bekannt ist. “Wir müssen vielleicht künftig bei den Aufgabenverteilungen umdenken”, sagt Robert Schickbauer. “Man bemerkt bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern das Bedürfnis, zeitlich flexibler eingesetzt zu werden.” Bisher war es so, dass die Dienstpläne über lange Perioden hinweg festgelegt wurden. Immer öfter aber lassen die Ehrenamtlichen erkennen, dass sie sich kurzfristiger und spontaner einbringen möchten.

Menschen suchen Gleichgesinnte

Auch der Obmann des Bürmooser Torferneuerungsverein bestätigt diesen Trend. Für ihn erklärt sich das so: “In einer immer seelenloser werdenden Arbeitswelt, sehnt sich der Mensch immer mehr nach der Nähe Gleichgesinnter. Es bleibt im Berufsleben keine Zeit mehr für wirklich persönliche Unterhaltungen.” In seinem Verein ist es auch die ländliche Tradition. So ist es etwa ganz normal, dass die Eltern ihre Kinder mit in den Verein bringen. Die Aufgabenverteilung erfolgt je nach Fähigkeit und Interesse. “Mit der Zeit wächst man richtig in den Verein hinein. Und mit der Erfahrung steigt auch die Verantwortung. Viele der Mitglieder gehören bereits seit dem Kindesalter dem Verein an.” So ist es auch nicht verwunderlich, dass aus der mehr als 5.000 Seelen zählenden Gemeinde Bürmoos mehr als 600 Menschen Mitglieder im Verein sind.

Reinhard Kaiser gibt Wissen weiter, damit es auch künftig erhalten bleibt.

Reinhard Kaiser gibt Wissen weiter, damit es auch künftig erhalten bleibt. (Foto: Lisi Niesner)

Die Gewitterwolken haben sich endgültig verzogen und die Gruppe ist wieder an ihrem Ausgangsort angekommen. Der Obmann lädt die Runde zu einem abschließenden Umtrunk ein und gemeinsam werden noch ein paar offene Fragen rund um den Torf beantwortet. Dann verabschiedet sich der 67-Jährige herzlich von den Gästen und ist zufrieden. Denn er weiß, dass auch in zehn Jahren der Verein bestehen und das Gemeinsame weitergelebt werden wird.

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