Defekte Kaffeemaschinen, Hosen mit aufgerissenen Nähten, alte Handys oder ein Fahrrad mit einem „Achter“: Kaputte Dinge werden oft einfach weggeworfen – im Repair Café kann man sie gemeinsam reparieren.
Morgens, kurz nach dem Aufstehen: Andreas geht in die Küche und will sich einen Kaffee herunterlassen. Er drückt den Knopf auf der Kaffeemaschine und die Maschine meldet sich mit einem lauten Knattern, aber es kommt kein Kaffee. Andreas drückt den Knopf nochmals und es knattert wieder. Keine Reaktion. Er probiert es ein drittes Mal – nichts passiert. „Ich brauche meinen Kaffee“, motzt er. Ohne die braune Brühe ist er nur ein halber Mensch. „Was tun?“, fragt er sich. Eine Reparatur ist zu teuer; wegwerfen will Andreas die Maschine auch nicht.
Genau für diesen Fall wurde 2009 in Amsterdam die Initiative „Repair Café“ gegründet: „Reparieren statt wegwerfen“ lautet hier die Devise. 2014 holte Michaela Brötz die Repair Cafés nach Tirol – genauer in die 1.100-Seelen-Gemeinde Pill: „Beim ersten Kontakt wurde ich gefragt, ob ich es ernst meine“, sagt Brötz - für die europaweiten Initiatoren war die Gemeinde Pill für diese Veranstaltung zu klein. Die Zahlen bewiesen ihnen das Gegenteil. 150 Personen nahmen am ersten Tiroler Repair Café teil und 60 kaputte Sachen wurden repariert. Seitdem gab es in Tirol 160 Termine mit über 16.000 Interessierten und mehr als 700 Ehrenamtlichen: Über 8.000 Geräte wurden repariert.
Das Repair Café Tirol war das achtzigste europaweit und die erste "Filiale" in Österreich. Inzwischen gibt es laut Brötz zwischen 30 und 40 Projekte – mit mehreren Standorten.
Die Reparaturen bei den Cafés werden von Ehrenamtlichen zusammen mit den Besuchern, also den Besitzern der kaputten Geräte, durchgeführt. So erlernen auch diese gleich das Handwerk. Die Zusammenarbeit ist eine Grundlage für die Repair Cafés. „Gemeinsam reparieren wir eigentlich alles, was man tragen kann“, sagt Michaela Brötz, „Kaffeemaschinen sind sehr viele dabei.“ Neben Haushaltselektronik reparieren die Teilnehmer Unterhaltungselektronik, Spielzeug, Fahrräder, Handys und auch Kleidung.
Mit Reparatur-Profis konkurrieren die Repair Cafés nicht: „Wir fangen das ab, was der Profi nicht herrichtet“, erklärt Brötz und fügt hinzu: „Wir schließen hier eine Lücke. Billiger Elektro-Schrott kann so vermieden werden“, sagt sie. Oftmals sind professionelle Elektriker dabei. Diese würden die Repair Cafés als Werbung für ihre Betriebe sehen.
Dass alles repariert werden kann, ist aber eine Illusion: „Es geht uns darum, dass wir die Einstellung zu defekten Dingen ändern“, sagt Brötz. In der heutigen Wegwerfgesellschaft sind Repair Cafés eine sehr gute Alternative: Geräte mit einem Produktwert unter 100 Euro werden selten zu einem Profi gebracht, weil die Reparaturkosten oftmals den Wert übersteigen. In einem Repair Café kann man die defekten Geräte gratis reparieren lassen – kleine Spenden sind aber gerne gesehen.
Foto: Fetzner/Imst (2), Gruber/Schwaz (3), Klaus Madersbacher (1)
Ein Repair Café zu veranstalten, ist für jeden möglich: Man braucht nur einen Raum mit Stromanschluss, ein paar Experten – und, ganz wichtig, eine (große) Kaffeemaschine. „So können wir in entspannter Atmosphäre reparieren“, sagt Michaela Brötz. Sie empfiehlt für den Start mindestens drei Elektriker, einen Näher und einen Allround-Bastler als Experten. Außerdem brauche es etwa noch drei Personen für die Organisation.
Durch das Repair Café kann auch Andreas seine Kaffeemaschine gratis reparieren lassen. Und wenn er aufmerksam war, braucht er für den nächsten Defekt keine Hilfe mehr, sondern kümmert sich selbst um das Problem.
Autor:
Matthias Knoll